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Susanne


 
 

Susanne Hieble

Diskurs und Dialog nach Vilem Flusser

"Die menschliche Kommunikation ist ein künstlicher Vorgang. Sie beruht auf Kunstgriffen, auf Erfindungen, auf Werkzeugen und Instrumenten, nämlich auf zu Codes geordneten Symbolen. Menschen verständigen sich untereinander nicht auf natürliche Weise: beim Sprechen kommen nicht natürliche Töne heraus wie beim Vogelsang, und das Schreiben ist keine natürliche Geste wie der Bienentanz." Wir neigen aber dazu, diese Künstlichkeit zu vergessen, sobald wir uns einen Code angeeignet haben. Permanenent kommunizierend, weben wir einen meist unbewusst bleibenden Schleier um uns, ein Charakteristikum menschlichen Lebens überhaupt, ein Phänomen unserer Freiheit.
Vilem Flusser analysiert in seinem Buch "Kommunikologie" die aus geordneten Symbolen aufgebauten menschlichen Kommunikationsstrukturen mittels derer Informationen erworben, gesendet, verarbeitet und gespeichert werden: "Wie entscheiden sich Menschen, Informationen herzustellen, und wie, sie zu bewahren? Schematisch lässt sich darauf folgende Antwort geben: um Informationen zu erzeugen, tauschen Menschen verschiedene bestehende Informationen aus, in der Hoffnung, aus diesem Tausch eine neue Information zu synthetisieren. Dies ist die dialogische Kommunikationsform. Um Information zu bewahren, verteilen Menschen bestehende Informationen, dies ist die diskursive Kommunikationsform.
Keine der beiden Kommunikationsformen kann ohne die andere bestehen, und die Unterscheidung zwischen den beiden Formen ist eine Frage des Abstandes des Betrachters vom Betrachteten."
Die Unterscheidung zwischen Diskurs und Dialog ist eine sehr grobe, abstrakte Differenzierung. Selbstverständlich gibt es innerhalb der Diskurse Unterschiede, etwa zwischen dem, der von einer Kinoleinwand ausstrahlt und dem, den die Grossmutter beim Erzählen von Märchen sendet. Und der Dialog, den Teenager über das Telefon miteinander führen, ist sicher ein anderer als ein Dialog bei einem philosophischen Symposium. Man kann die Unterschiede in der Botschaft suchen oder aber in der Struktur: z.B. sitzen die Empfänger im Kino bewegungslos, passiv aufnehmend dem Sender gegenüber, während die Enkel der erzählenden Grossmutter Fragen stellen können.

Gebrauchsanleitung:
Als Besucher und Besucherin dieser Ausstellung sind Sie eingeladen, sich auf spielerische Weise wichtige Kommunikationsstrukturen und ihre Qualitäten zu erschliessen.
Ringsherum sind an den Hauswänden die abstrakten Strukturskizzen einiger Kommunikationsmodelle angebracht. Sie können nun einen Spaziergang an den einzelnen Stationen vorbei unternehmen und den jeweiligen Schemata die Textfragmente zuordnen, von denen Sie meinen, dass sie zu diesen gehören. Die Textstreifen sollen in die an der Wand angebrachten Pappbehälter gelegt werden und von nachfolgenden Interessenten ebenfalls gelesen und die Zuordnungen gegebenenfalls korrigiert werden können.