symposium-mohren

Maya


   
   

   

Maya Karlstetter

Welche Qualität hat Wissen?
Material der Second European Conference of Behavioural Biology 2004
mit Texten von Hans-Peter Dürr und Michel Serres

warum nehmen wir etwas auseinander, wenn wir es verstehen wollen? wissen wir sehr viel mehr, wenn wir einen stein zertrümmern? wir haben dann zwei stücke, statt einem. wenn wir lebendes zertrümmern, geht uns wesentliches verloren. wir können dann hineinsehen, aber es lebt nicht mehr.
beim stein haben wir vielleicht noch keinen grossen erkenntnisgewinn, wenn wir ihn zertrümmern. aber wir sind davon überzeugt, dass wir damit nichts kaputt gemacht haben. wie kommen wir darauf, dass wir, anders als beim lebenden, sagen, wenn wir den stein zerlegen, geht nichts kaputt?

unsere gedanken bilden keine feststehende realität ab, sondern diejenigen aspekte der welt, auf die hin wir uns geformt haben, so wie der vogelflügel die luft abbildet oder der pferdehuf die steppe.

das weise wissen heilt und bildet den körper, es macht ihn schöner. je mehr ich aufmerke und suche, desto mehr denke ich. ich denke, also bin ich schön. die welt ist schön, also denke ich. das wissen kann nicht über die schönheit hinweggehen. ich suche eine schöne wissenschaft.
von einem gewissen historischen alter an muss die wissenschaft für ihr gesicht einstehen, für die schönheit, die sie zeigt und hervorbringt. ich verzichte auf das wissen, das seine heutige gestalt gewonnen hat, weil es menschen und dinge hässlich machte, weil es nicht gut alt zu werden verstand und es versäumte, unsere kinder zu bilden. es trägt hässlichkeit und tod auf dem gesicht, die verzerrte maske der tragödie.